Positionspapier "Klimaschutz voranbringen": Bündnis90/Die Grünen fordern mehr Klimaschutzanstrengungen in Burgdorf

  • Veröffentlicht am: 6. Dezember 2020 - 22:03

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PV-Anlage Burgdorf
PV-Anlage in Burgdorf

Positionspapier von Bündnis90/Die Grünen in Burgdorf: Klimaschutz voranbringen – Burgdorf wird klimaneutral und damit zukunftsfähig

Worauf es uns ankommt, wofür wir stehen und wofür wir uns in Burgdorf konkret einsetzen:

Dringender Handlungsbedarf

Entsprechend der Vereinbarungen aus den internationalen Klimakonferenzen und dem Pariser Abkommen aus dem Jahr 2015 geht es darum, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad (besser 1,5 Grad) zu begrenzen und daher mittelfristig in Gesellschaft und Wirtschaft Klimaneutralität anzustreben. In Niedersachsen beträgt die durchschnittliche Erwärmung heute bereits 1,6 Grad. Festzustellen sind zunehmende und sich beschleunigende Umweltveränderungen durch Klimawandel, Hitze- und Dürreperioden, zunehmendes Waldsterben, Waldbrände, Extremwetterereignisse und daraus resultierend massiv steigende Kosten für Klimaanpassungsmaßnahmen und Schadensbeseitigung. Die Gesellschaft reagiert besorgt auf den Klimawandel und besonders junge Menschen gehen auf die Straßen, um Generationengerechtigkeit einzufordern. Wir Grünen begrüßen das Engagement der „Fridays-for-Future“-Bewegung und aller anderen Menschen, Initiativen und Unternehmen, die sich in Burgdorf, Europa und der Welt für Klimaschutz einsetzen.

Bei der Diskussion über den in seinen Auswirkungen sehr konkret greifbaren Klimawandel muss ein wichtiges Signal ausgehen: Klimaschutz betrifft uns alle. Klimaschutz kann nicht delegiert werden an die Vereinten Nationen, an die europäische Union oder an die nationale Politik. Vielmehr müssen alle politischen Ebenen – einschließlich der Kommunen – ihren Beitrag leisten, um die De-Karbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft schnellstmöglich zu erreichen. Die kommunale Ebene hat – wenn der politische Wille vorhanden ist und die Städte und Gemeinden sich ihrer Vorbildfunktion annehmen – vielfältige Möglichkeiten, Klimaschutz vor Ort ökonomisch sinnvoll und nachhaltig zu betreiben.

Auch die Stadt Burgdorf muss ihrer Verantwortung gerecht werden und die bisherigen Anstrengungen zum Schutz des Klimas bei allen zukünftigen Entscheidungen von Rat und Verwaltung verstärken. Weitsichtig denkende Kommunen sehen Maßnahmen für den Schutz des Klimas auch als Grundlage und Chance für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und den Erhalt von Wohlstand und Lebensqualität.

Wir Grünen setzen uns in Burgdorf für folgende Zielsetzungen und Handlungsmaxime ein:

  1. Wir wollen den Klimaschutz in Burgdorf deutlich verstärken: Um unserer lokalen Verantwortung für den Erhalt einer lebenswerten Umwelt und zur Eindämmung der weltweiten Klimakrise auch in Burgdorf gerecht zu werden, unterstützen wir die Energiewende und verstärken unsere bisherigen Anstrengungen zum Schutz des Klimas bei allen zukünftigen Entscheidungen von Rat und Verwaltung. Wir begreifen dabei Maßnahmen, die dem Klimaschutz dienen, als sinnvolle und nachhaltig wirksame Zukunftsinvestition, die sich mittel- und langfristig auch ökonomisch rechnen. Burgdorf kann dabei von den vielfältigen Erfahrungen anderer Kommunen, die bereits seit Jahren Klimaschutz auf ihre Fahnen geschrieben haben, profitieren.

  2. Wir machen mehr Tempo beim Klimaschutz und Burgdorfs Stadtverwaltung soll bis zum Jahr 2035 klimaneutral sein: Die im „Masterplan Stadt und Region Hannover/100 % für den Klimaschutz“ im Jahr 2014 beschlossenen Klimaziele (95 % THG-Emissionen und 50 % Endenergieverbrauch im Vergleich zum Jahr 1990 einsparen) sollen vor dem Hintergrund des sich beschleunigenden Klimawandels für Burgdorf – wie in der Stadt Hannover – statt bis 2050 bereits bis 2035 erreicht werden. Im Zuge dessen setzen wir uns dafür ein, dass auch die Stadtverwaltung Burgdorf bis 2035 klimaneutral wird.

  3. Einführung eines Klimaschutz- und Nachhaltigkeitschecks: Burgdorf muss vor dem Hintergrund der Zielsetzungen (siehe Pkt. 2) bei allen Beschlüssen des Rates mit Klimarelevanz die Auswirkungen auf das Klima sowie die ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit der Maßnahmen und Entscheidungen überprüfen und berücksichtigen. Dabei sollen Lösungen in die Umsetzung gehen, die sich positiv auf den Klimaschutz auswirken. Wir Grüne fordern, dass die Verwaltung dazu nach einer Beratung durch die Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN) schnellstmöglich ein Konzept für die Umsetzung des Klima- und Nachhaltigkeitschecks in Burgdorf vorlegt. Orientierungshilfe für die Einführung des Klimachecks bieten u.a. der Leitfaden des Deutschen Städtetages und des Deutschen Institutes für Urbanistik „Orientierungshilfe für die Prüfung klimarelevanter Beschlussvorlagen in kommunalen Vertretungskörperschaften“ sowie der Leitfaden der Klimaschutz und Energie Agentur Niedersachen „Prüfung und Bewertung kommunaler Beschlussvorlagen auf Klimarelevanz“ (inkl. Leitfragenkatalog).

  4. Burgdorf muss ein Klimaschutz-Aktionsprogramm vorlegen: Wesentliche Grundlage für das Erreichen von Klimaschutzzielen ist eine strategische Planung und die daraus resultierende schrittweise Umsetzung konkreter Maßnahmen. Die Verwaltung legt daher bis Ende 2022 ein aktualisiertes Klimaschutz-Aktionsprogramm Burgdorf vor. Aufgezeigt werden die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung des Ziels „100% für den Klimaschutz“ und die Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität der Stadtverwaltung bis zum Jahr 2035. Im Zuge dessen sollen Ideen, Maßnahmen und Projekte für eine klimafreundliche Zukunft für die gesamte Stadt erarbeitet werden. Das kann umso besser gelingen, je mehr Bürger*innen daran aktiv teilnehmen. Eine Förderung durch die Kommunalrichtlinie des Bundes („RL zur Förderung von Klimaschutzprojekten im kommunalen Umfeld“ – hier Pkt. 2.6 Förderung von Potenzialstudien, Pkt. 2.7 Förderung von Klimaschutzkonzepten und Klimaschutzmanagement) ist dabei anzustreben.

  5. Wir fordern, dass die Stadt Burgdorf eine Vorbildfunktion einnimmt sowie Bürger*innen und Unternehmen informiert und für Klimaschutz motiviert: Die Stadt Burgdorf nimmt bei allen Maßnahmen vor Ort zum Schutz des Klimas eine besondere Vorbildfunktion ein. Sie baut internes Know-how beim Klimaschutz aus, sie informiert die Bürger*innen und die lokale Wirtschaft im Rahmen ihrer Möglichkeiten über die Fortschritte beim Klimaschutz, klärt im Zusammenwirken mit der regionalen Klimaschutzagentur der Region Hannover und der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen über die Folgen des fortschreitenden Klimawandels auf, berät die Bürger*innen nach Kräften und zeigt Möglichkeiten auf, Beiträge zum Klimaschutz zu erbringen. Best-Practice-Beispiele anderer Kommunen wie das „100-Sonnendächer-Programm“ der Stadt Gehrden, das „Oldenburger Solarprogramm“, die „Osnabrücker Gründachstrategie“ (alle drei sind Preisträger des Nds. Wettbewerbs Klima Kommunal 2020) dienen dabei als Vorbild.

  6. Wir setzen uns für eine schnellstmögliche energetische Sanierung des Gebäude- und Anlagenbestandes der Stadt Burgdorf ein: Bei allen anstehenden Maßnahmen im Zuge des laufenden Modernisierungs-Zyklus setzt die Stadt Burgdorf die energetische Sanierung ihres Gebäude- und Anlagenbestandes und die Erhöhung der Energieeffizienz um. Da sich solche Maßnahmen ökonomisch rechnen, wird ein zeitliches Vorziehen entsprechender Maßnahmen bei besonders sanierungsbedürftigen Gebäuden und Anlagen angestrebt. Die Nutzung von einschlägigen KfW-Förderprogrammen, der Kommunalrichtlinie des Bundes und sonstigen, z.T. flankierenden Förderprogrammen des Bundes und des Landes (u.a. die neuen bzw. aufgestockten Landesförderrichtlinien Sanierung im Bestand – Förderprogramm Gebäude und Quartiere; energetische Quartierskonzepte, Flächenheizung, ergänzendes Dachdämm-Programm) soll hierbei zum Tragen kommen.

  7. Die Nutzung erneuerbarer Energien forcieren: Die Stadt Burgdorf strebt den konsequenten Ausbau und die Nutzung erneuerbarer Energien auf dem Stadtgebiet an. Im Zuge dessen sind sämtliche städtische Liegenschaften mit Hilfe des Solarpotenzialkatasters der Region Hannover auf Ihre Eignung für die Photovoltaiknutzung zu prüfen. Alle geeigneten Flächen sind entsprechend den Vorgaben eines Burgdorfer Ausbauprogramms (siehe Pkt. 4) mit Photovoltaikanlagen zu versehen. KfW-Förderprogramme sind einzubeziehen. Die Nutzung weiterer Förderprogramme auf kommunaler oder Landesebene (u.a. die Förder-RL des Landes Niedersachsen zur Förderung von Photovoltaik-Batteriespeichern) ist anzustreben. Des Weiteren sind – sofern keine oder nicht ausreichende eigene Investitionsmittel kurzfristig mobilisiert werden können – die Möglichkeiten des Contractings auszuschöpfen.

  8. Elektro-Mobilität für den Klimaschutz: Die Stadt Burgdorf ist sich ihrer Vorbildfunktion bewusst und rüstet bei allen anstehenden Neubeschaffungen von Fahrzeugen auf die E-Mobilität um. Sie sorgt für einen schnellen Ausbau der Elektro-Lademöglichkeiten sowohl für Dienstfahrzeuge als auch für private Nutzer*innen. Eine Förderung einschlägiger Programme u.a. des Nds. Wirtschaftsministeriums (u.a. MW-Förderung von batterie- und brennstoffzellenelektrisch betriebenen Fahrzeugen in den Kommunen, MU-Förderung von Projekten nachhaltiger Mobilität in Kommunen) wird angestrebt. Auf Erfahrungen anderer Kommunen beim Ausbau der E-Mobilität (z.B. Stadt Langenhagen, „Langenhagen bewegt elektrisch“ – Preisträger des Nds. Wettbewerbs Klima Kommunal 2020) soll aufgebaut werden. Das neue Rad- und Radwegesonderprogramm (inkl. der Förderung von E-Bikes und E-Lastenräder) des Wirtschaftsministeriums, welches u.a. Kommunen adressiert, ist zu nutzen.

  9. Unsere Forderung: Städtisches Wachstum nur mit klimaneutralen Neubaugebieten: Alle zukünftigen Neubaugebiete der Stadt Burgdorf werden klimafreundlich ausgestaltet. Im Zuge dessen sind die Nutzung fossiler Brennstoffe – Kohle, Erdöl und Erdgas – auszuschließen und weitere klimaschutzdienende Regelungen zu treffen. Die Ergebnisse des Klima- und Nachhaltigkeitschecks gemäß Pkt. 3 für die jeweilige Bauleitplanung fließen ein. Der Leitfaden „Klima-Check in der Bauleitplanung – Checkliste Klimaschutz und Klimaanpassung“ der RWTH Aachen University (2017) dient als Orientierungshilfe. Auf bereits bestehende Erfahrungen anderer Städte bei der Ausweisung klimafreundlicher Baugebiete, u.a. der Stadt Uelzen (Neubaugebiet „Im Deinefelde“, Preisträger des Nds. Wettbewerbs Klima kommunal 2020) ist aufzubauen.

  10. Anpassung an den Klimawandel: Bei der zukünftigen nachhaltigen Stadtentwicklung muss auch den ansteigenden Erfordernissen, die aus dem sich verstärkenden Klimawandel resultieren, Rechnung getragen werden.

  11. Wir Grünen forcieren die Modernisierung Burgdorfs durch Einführung von Smartcity-Ansätzen: Die Stadt Burgdorf strebt an, die Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung als Beitrag zum kommunalen Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu erproben und konsequent einzusetzen. Im Zuge dessen wird u.a. eine Förderung über das KfW-Förderprogramm 436 „Modellprojekte Smart Cities: Stadtentwicklung und Digitalisierung“ und ggf. eine flankierende Unterstützung modellhafter Digitalisierungsansätze durch das Land Niedersachsen angestrebt.

  12. Wir nehmen auch die Stadtwerke, die Stadtsparkasse Burgdorf und die kommunalen Betriebe in den Blick: Wir fordern die Stadtwerke Burgdorf, die Stadtsparkasse Burgdorf und alle städtischen Betriebe sowie Unternehmen mit städtischer Beteiligung auf, sich verstärkt mit Ihren Möglichkeiten im Klimaschutz auseinander zu setzen und sich für den Klimaschutz zu engagieren. Bei allen Institutionen und Organisationen, wo die Stadt Burgdorf Mitglied ist, soll die Verwaltung zudem darauf hinwirken, dass sich diese ebenfalls verstärkt für die Eindämmung der Klimakrise einsetzen.

  13. Wir Grünen setzen auf kommunale Partnerschaften: Die Stadt Burgdorf muss kommunale Partner gewinnen und sich zum Erfahrungsaustausch in kommunalen Netzwerken engagieren. Im Zuge dessen profitiert die Stadt Burgdorf von vielfältigen bereits bestehenden Erfahrungen anderer Kommunen bei der Umsetzung von Klimaschutzstrategien und -maßnahmen. Auch hierbei ist eine Förderung aus der Kommunalrichtlinie des Bundes (Pkt. 2.5) anzustreben

  14. Wir sagen: Klimaschutz geht auch mit knapper Kasse! Die Stadt Burgdorf führt die Berechnung der Wirtschaftlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen ein und nutzt neben der Eigenfinanzierung von Klimaschutzmaßnahmen (u.a. mittels Intracting) konsequent die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Unterstützung durch Fördermittel, durch Zuschüsse und Kredite sowie durch Drittfinanzierung mit Nutzung des Contractings. In vielen Förderprogrammen können finanzschwache Kommunen von Fördersätzen von bis zu 95% profitieren.

  15. Wir halten Berichte über Burgdorfs Klimaschutzanstrengungen für nötig, um unsere Fortschritte zu sehen und unsere Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen: Die Verwaltung der Stadt Burgdorf soll daher dem Rat jeweils im ersten Quartal eines Jahres über die Fortschritte beim Klimaschutz in Burgdorf, erstmalig im Jahr 2022, berichten.

Wir nehmen unsere politische Verantwortung für den Klimaschutz ernst und setzen uns des Weiteren für folgendes ein:

  • Burgdorfer Klimaschutz-Portal: Wie fordern die Einrichtung eines städtischen Klimaschutz-Portals, das die Bürgerinnen und Bürger beim Energiesparen und beim Einsatz von Photovoltaik, Solarthermie, Wärmepumpen und weiteren innovativen klimaschützenden Technologien informiert und berät. Die Beratungsangebote unserer*s Klimaschutzmanagerin*s vor Ort werden ausgebaut und die Angebote der Klimaschutzagentur der Region Hannover und der Energie und Klimaschutzagentur des Landes genutzt.

  • Burgdorfer Energie-Monitor: Wir fordern darüber hinaus die Einrichtung eines Energie-Monitors für Burgdorf, der Auskunft über Burgdorfs Energiebilanzen sowie den Verbrauch und die Produktion erneuerbarer Energien gibt und orientieren uns dabei an dem guten Beispiel des Fleckens Steyerberg im Landkreis Nienburg.

  • Burgdorfer Bürger*innen-Energie-Genossenschaft: Nicht zuletzt unterstützen wir die Gründung einer Burgdorfer Bürger*innen-Energie-Genossenschaft. Erneuerbare Energie ist die Energie des 21. Jahrhunderts – klimafreundlich, endlos verfügbar und es gibt keine unbeherrschbaren Gefahren. Erneuerbare Energie ist zugleich dezentral organisiert. Damit bietet sie Perspektiven für lokale Unternehmen und Anleger*innen sowie alle Menschen in Burgdorf, die die Energiewende aktiv vorantreiben wollen. Wir setzen dabei auf das Engagement unserer Burgdorfer*innen, bauen und betreiben Photovoltaikanlagen in der Stadt und prüfen, ob Bürger*innen-Windenergieanlagen im Stadtgebiet errichtet werden können. Wir steigern so die Akzeptanz und sorgen für Wertschöpfung und Teilhabe vor Ort.